So kann es ausshen, zumindest eine Auswahl, des Inhalts der Tour 2,
Hallo Freundinnen der regionalen Landwirtschaft, der Agrar-Diversität, frisches-Gemüse-Liebhaberinnen und an Landwirtschaftspolitik Interessierte,
ihr haltet den Beipackzettel der September 2021-Kiste des Bio-Div-Abos der Schnittstelle in euren Händen. Diesmal mit:
- Kürbisse vom Hofkollektiv Bienenwerder
- Frisée vom Hofkollektiv Bienenwerder
- Petersilie vom Hofkollektiv Bienenwerder
- Tomaten von Ludwig aus Börnecke
- Endivie von Ludwig aus Börnecke
Variationen möglich mit: Hafertreber-Brot vom Kollektiv Backstube oder
Apfelsaft aus dem Mosterei-Kollektiv Karmitz
Die jeweilige Zusammensetzung variiert, der Warenwert ist
immer ca. 18 € (Variationen nötig und möglich, u.a. wegen den
angegeben Einschränkungen, bzw. individuellen Wünschen)
Das Abo besteht wie immer aus gentechnikfreien Lebensmitteln, die u.a. aus samenfestem Saatgut gezogen wurden, bzw. aus Misch-Saft aus regionalen Äpfeln und Gemüse, die großteils in solidar-ökonomischen Strukturen verarbeitet wurden.
Es steht die Bundestagswahl an und gleichzeitig kommen die Zeichen des Klimawandels, wie starke Wetterschwankungen und Waldbrände wegen der längeren Trockenperioden, näher. In dieser Beilage zum Abo ging und geht es viel um Agrar-Diversität und kleinteilige Landwirtschaft und um die Chancen, die wir damit haben, für klimatische Schwankungen gewappnet zu sein. Viel geht es auch um kapitalistische Strukturen und Bevorzugung großer industrialisierter Unternehmen. Oder auch um den Wirtschafts-Lobbyismus, der einer enkeltauglichen Landwirtschaft/Versorgung im Weg steht.
Aber was sind Bespiele dafür, wie eine ökologische und nachhaltigere Landwirtschaft und Versorgung weiter nach ober skaliert werden kann? Für größere Projekt muss mensch meines Wissens den mitteleuropäischen Raum verlassen. Das finde ich auch gut, also weiter zu schauen und einen eurozentrischen Blick zu hinterfragen. Wichtig ist aber auch zu schauen, warum die Projekte dort so „erfolgreich“ sind, und zu sehen, dass Ideen in der Regel nicht einfach zu kopieren sind! Im Buch „Cecosesola – Auf dem Weg“, herausgegeben von Georg Wolter, Peter Bach und Alix Arnold, wird auch genau auf diesen Punkt spannend eingegangen.
Zum Projekt Cecosesola (Central de Cooperativas de Servicios Sociales del Estado Lara). (Das ist eine zusammengekürzte Version vom Wikipedia-Artikel dazu.) Das ist ein hierarchiefreier, solidarischer Verbund von Genossenschaften in Venezuela, mit dem Schwerpunkt auf Anbau und Vertrieb von Lebensmitteln sowie Gesundheitsversorgung.
Zur Geschichte: Die Leitung der Kooperativen für soziale Dienstleistungen im Bundesland Lara wurde Ende 1967 gegründet. Das erste Projekt von Cecosesola war ein Beerdigungsinstitut. Es ist heute das größte in der Region; 20.000 Familien zahlen hier monatlich kleine Beiträge als eine Art Versicherung ein. Das Institut betreibt eine eigene Sargproduktion.
Über fünfzig Basisorganisationen mit insgesamt 20.000 Mitgliedern (Beschäftigte und Nutzer*innen) sind dem Verbund angeschlossen. 1.200 Kooperativistas arbeiten als „Hauptamtliche“ (trabajadores asociados) und bekommen ihren Unterhalt direkt vom Gesamtverbund. D.h. sie zahlen sich einen wöchentlichen Betrag, der in Abgrenzung von der Lohnarbeit „Vorschuss“ (anticipo) genannt wird. Die Höhe entspricht etwa dem Doppelten des staatlich festgesetzten Mindestlohns. Dieser Vorschuss richtet sich nach dem Bedarf, ist also nicht für alle gleich. Wer z.B. Kinder hat, bekommt mehr. 2010 betrug der Umsatz aller Unternehmen 430 Millionen Bolivares – 100 Millionen US-Dollar nach dem offiziellen Kurs.
Projekte: Lara liegt im Westen Venezuelas. Hauptstadt ist Barquisimeto mit einer Million Einwohner*innen. Hier betreibt Cecosesola drei Wochenmärkte, auf denen sich jede Woche 55.000 Familien – etwa ein Viertel der Stadtbevölkerung – mit Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln versorgen. 450 Tonnen Obst und Gemüse werden wöchentlich verkauft. Die Preise liegen durchschnittlich 30 Prozent unter denen von privatwirtschaftlich betriebenen Märkten. Daneben gibt es einen Laden für Haushaltsgeräte und Möbel, in dem Mitglieder die Produkte mit Ratenzahlungen ohne die üblichen hohen Zinsen kaufen können.
In den sechs Projekten der Gesundheitsversorgung werden pro Jahr 190.000 Behandlungen durchgeführt. 2009 wurde das neu erbaute Gesundheitszentrum CICS eingeweiht. Hier werden alternative Behandlungsmethoden wie Akupunktur und Massagen angeboten, aber auch chirurgische Eingriffe sowie Labor- und Röntgenuntersuchungen. Die Preise liegen 60 Prozent unter denen privater Kliniken. Für Mitglieder der Kooperativen sind bestimmte Behandlungen kostenlos.
Zum Verbund gehören außerdem Landwirtschaftsbetriebe: Zwölf Organisationen in den Bundesländern Lara und Trujillo mit mehr als 200 landwirtschaftlichen Kleinbetrieben (2–3 Hektar) beliefern die Märkte. In einigen Betrieben wird versucht, Agrochemie durch biologischen Pflanzenschutz zu ersetzen. Kleine Produktionsgenossenschaften stellen Lebensmittel her, die auf den Märkten verkauft werden: Brot, Vollkornnudeln, Getreideflocken, Tomatensauce, Kräuter, Gewürze, Honig, Fruchtmark usw. Außerdem gibt es eine Sparkasse und andere Finanzierungs- und Solidaritätsfonds.
Zu dem nächsten Projekt gibt es leider nicht so viel zu lesen, aber diverse Video/Film-Beiträge, die mensch im Internet finden kann. Auch in Dokus zum Thema Zukunft der Landwirtschaft werden sie immer wieder vorgestellt.
In Südkorea gibt es die weltweit größte Organisation der solidarischen Landwirtschaft, die Genossenschaft Hansalim. Sie zählte 2019 2.300 landwirtschaftliche Betriebe und 644.000 Haushalte zu ihren Mitgliedern und versorgte rund zwei Millionen Menschen. Klar ist das dann ein wenig anders als die SoLaWi-Höfe, die es hier in der Nähe gibt. Dort sind in dem Verbund auch Betriebe wie eine Tofurei und eine Sojasoßen-Manufaktur.
Ein anderes Projekt, das sehr spannend ist, aber nicht so einfach nach Berlin übertragen werden kann, ist das Konzept der New Yorker „Park Slope Food Coop“. Dort betreiben 17.000 Menschen mit einem monatlichen Beitrag und ehrenamtlicher Tätigkeit einen Supermarkt, der dort in dieser zentralen Lage ein unvergleichbares Angebot hat und deswegen in New York sehr attraktiv ist. In Berlin gibt es dazu auch eine Initiative, die SuperCoop. Diese plant gerade einen Testlauf im Wedding und sucht auch noch Mitstreiter*innen. Mehr zu dem Berliner Projekt unter supercoop.de/
Der Inhalt der Kiste:
>>> Kürbisse vom Hofkollektiv Bienenwerder
Im Abo sind nun die Vorboten der Kürbiszeit. Zum einen ein Kürbis der Sorte Zaphito. Das ist zwar botanisch ein Kürbis, wird aber im Sommer als junge Frucht wie eine Zucchini geerntet und kann dann auch wie Zucchini mit der Schale gegessen werden. Aber da nun schon eher Herbst ist, kann es sein, dass die Schale schon mehr ausgereift ist und abgeschält werden sollte. Der Geschmack erinnert an frische Erbsen.
Der zweite Kürbis ist ein orangener Patisson, auch Ufo-Kürbis genannt, da die Form der Fiktion eines Ufos erinnert. Die Sorte hat den Namen „Patisson Golden Marbre“. Auch bei dieser Sorte wird empfohlen, ihn wie Zucchini zu verwenden, incl. dem optionalen Schälen des Kürbisses.
>>> Frisée vom Hofkollektiv Bienenwerder
„Wallonne“ ist ein Herbstsalat und gehört zu den Endiviensalaten. Er eignet sich besonders gut für die Nachkultur. Der Salatkopf hat einen rosetten- bis schalenförmigen Wuchs. Die Blätter sind stark geschlitzt, gekraust und gefiedert. Die inneren Blätter sind hellgrün bis gelb und zarter als die Außenblätter. Die schmackhaften Herzen sind fest und hitzebeständig, aber auch für Rohkostsalate bestens geeignet.
Bei Wikipedia heißt es dazu: „Die Endivie wird roh als Salat verzehrt, man kann Endivie aber auch warm wie Spinat oder Mangold zubereiten. Eine Spezialität im Rheinland ist Endivien untereinander.“
Die Beilage Endivie untereinander besteht aus fein geschnittenen Endivienstreifen zusammen mit angebratenen Speckwürfeln und Zwiebeln unter Kartoffelpüree gemengt. Zeiten ändern sich: Auch wenn im Original-Rezept Speck vorkommt, ist die Empfehlung, die Speckwürfel durch klimafreundlicheren Räuchertofu zu ersetzen.
>>> Petersilie vom Hofkollektiv Bienenwerder
Der passt super auf ein Margarine-Brot oder gibt warmen Gerichten eine frische Note 😉
>>> Tomaten von Ludwig aus Börnecke
Bei den Tomaten ist es ja allgemein bekannt, dass es mehr als rot und rund gibt.
Auch dieses Mal gibt es einen Mix: Die Sorte Ruthe ist eine rote Cocktailtomate. Black Cherry ist, wie der Name schon sagt, auch eine Cherrytomate, aber in dunkel-violett. Dazu kommen teilweise noch Tomaten der Sorte Andenhorn. Diese Sorte ist eine spitzförmige rote Flaschentomate mit ungewöhnlichen Früchten, die in Form und Größe an Spitzpaprika erinnern.
Es werden nicht in allen Abos alle Tomatensorten drin sein.
>>> Endivie von Ludwig aus Börnecke
Und dann kommt noch ein zweiter Endiviensalat mit dem Abo. Die Sorte heißt Escariol, mit breiten, dicken, ganzrandigen Blättern. Diese Sorte ist gut haltbar und somit für die Lagerung gut geeignet. Die Blätter sind eher ungleichmäßig gezähnt und breit mit dicken Rippen. Der Salatkopf ist halb geschlossen. Die äußeren Blätter sind grün gefärbt, im Inneren, also im Salatherz, ist er heller, oft fast ins Gelbliche gehend.
Variationen möglich mit:
Die Variationen ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Wünsche und Individualisierungen. Da es diesmal wieder viel Gemüse gab, ist die hauptsächliche Variation Brot. Und deswegen ist es in diesem Monat so, dass wenn in einem Abo Brot enthalten sein soll, es dafür keine Tomaten gibt, jedoch eine Flasche Apfelsaft. Teilweise gibt es noch individuelle Wünsche oder Allergien, die dann zu anderen Kombinationen führen, die hier nicht erwähnt werden.
>>> Hafertreber-Brot vom Kollektiv Backstube
Im Abo ist das neue Biodiversitätsbrot des Berliner Kollektivs Die Backstube. Es besteht aus Dinkelsauerteig sowie Hafertreber von Kornwerk-Haferdrinks, Weizenvollkornmehl, Weizenmehl, Wasser und Salz.
Das Kornwerk macht einen Haferdrink aus alten Hafersorten, die regional angebaut werden. Der Haferdrink wird in Pfandflaschen vertrieben. Bei der Produktion der Milchalternative bleibt Treber übrig, der in Form des Brotes weiterverwendet wird – eine sehr nachhaltige Variante, mit dem Treber was Sinnvolles zu machen.
>>> Apfelsaft aus dem Mosterei-Kollektiv Karmitz
Soweit,
nun euch einen juten Hunger,
HERBiE
für Schnittstelle