Vattenfall + Gemeinschaftsgarten = …….

Vattenfall eröffnete am 1. April seinen „Gemeinschaftsgarten“, proteste gegen das Greenwashing
Leider war es kein schlechter Aprilscherz: am 1. April 2017 eröffnete Vattenfall feierlich die Zäune seines Geländes und lud zum frisch angelegten Gemeinschaftsgarten, direkt vor dem Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße in Berlin Mitte ein. Das Ganze hatte eine etwas aufgezwungene heitere Aufbruchstimmung, nicht zuletzt hervorgerufen durch die zahlreichen Vattenfall-Mitarbeiter*innen, die sauber machten, Beete anlegten, geschrädertes Holz verteilten. Das ganze sollte das Signal setzen: Heute fangen wir an, diesen Ort zu gestalten und zwar mit euch Nachbar*innen!- wie sich das scheinbar für urbane Gärten gehört.
„Pflanz was!“ – dazu riefen uns letzten Sommer tausende Plakate in Berlin auf. An einem Aufruf zur Stadtbegrünung ist zunächst einmal nichts auszusetzen, viele Menschen engagieren sich dafür in Gemeinschafts- und Interkulturelle Gärten.

Die sozialen und ökologischen Werte, die in Gemeinschaftsgärten gelebt werden, haben sich inzwischen weit herumgesprochen: gut für die biologische Vielfalt, das Mikroklima, das Überleben der Bienen und auch für das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft. Leider eben auch bis in die Marketingabteilungen unterschiedlichster Konzerne, die sich die Bilder und Sprache der Urban Gardening Bewegung aneignen, steht doch für viele Menschen der politische Wille für mehr soziale und ökologische Gerechtigkeit im Verständnis ihres Engagements. Ungeachtet dessen, das Produkte und Unternehmenspolitik der Konzerne für Gegenteiliges stehen: Industrialisierung der Landwirtschaft, Wachstumswahn, Klimakatastrophen und ungebremsten Konsum. Die Liste dieser Aneignungsbestrebungen ist inzwischen so illuster wie lang: IKEA, BMW, Gauloises, Aldi…… zählen zu jenen Firmen, die mit dem Grün in der Stadt für ihre Produkte werben. Nicht zuletzt angesichts dieses „Greenwashings“ haben über 200 urbane Gärten in Deutschland das Urban Gardening Manifest unterschrieben. In ihm sprechen sie sich nicht nur für den Übergang zu einer „gartengerechten Stadt“ aus, sondern auch gegen die „zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raums“.
Diese Versuche, die Praxis, die Sprache und die Bilder urbaner Gärten und Gemeinschaftsgärten zu kopieren, ohne die politischen, sozialen und ökologischen Ziele zu teilen, nur um das eigene Firmenimage aufzupolieren, ist ebenso hilflos wie peinlich, aber vor allem ist es ärgerlich.
Berliner Gartenaktivist*innen setzten deshalb ein Zeichen und konfrontierten Vattenfall mit seinem Vertuschungsmanöver. 10 Minuten nach Eröffnung des Geländes, hat eine Gruppe von etwa 20 Gartenaktivist*innen das Gelände betreten und die letzten Überraschungsgeschenke ergattert – Samentüten, was denn sonst, in einer grünen Filztasche mit Vattenfall-Logo. Die Aktivist*innen bescherten Vattenfall ihrerseits ebenfalls eine Überraschung und säuberten mit Schwämmen und Bürsten den Bürgersteig vor dem eingezäunten Garten. Eine Besucher*in fragte: „Vattenfall will doch dasselbe wie ihr: Urban Gardening“. Gelegenheit sich in Ruhe das mitgebrachte Urban Gardening Manifest durchzulesen und die Unterschiede herauszufiltern. Aber auch in direkten Gesprächen konnte über die Augenwischerei, das es bei diesem Gemeinschaftsgarten eben nicht um ein und dieselbe Sache geht, aufgeklärt werden.
Denn gezielt lenkt das Unternehmen mit dieser, von der eigenen Werbeabteilung koordinierten Nachbarschaftsarbeit davon ab, dass es zu den größten Umwelt-, Gesundheits- und Klimaschädigern in der Region gehört. Bis vor kurzem hat Vattenfall sein Geld noch mit der Verfeuerung von Braunkohle aus der Lausitz verdient, bekanntlich einer der klimaschädlichsten Form der Energiegewinnung überhaupt. Dagegen konnte im letzten Jahr die Kampagne „Ende Gelände“ einen breiten Protest mobilisieren. Nachdem Vattenfall nun sein schmutziges Braunkohlegeschäft an ein als „Energieheuschrecke“ verrufenes Unternehmen weiterverkauft hat, von dem kein Einsatz für Klimagerechtigkeit, Umwelt- und Gesundheitsschutz zu erwarten ist, scheint Vattenfall nun sein Image mit symbolischen urbanen Gärten aufputzen zu wollen. Statt die Idee urbaner Gärten für werbewirksame Kampagne zu missbrauchen, sollte Vattenfall wie auch andere Energiekonzerne sich der eigenen Verantwortung stellen. Wer über Jahrzehnte mit dem ungebremsten Verfeuern fossiler Energieträger Geld verdient hat auf Kosten des Klimas, der Umwelt und zukünftiger Generationen, der kann sich nicht mit ein paar symbolischen Gärten von dieser Verantwortung reinwaschen.
Die Tatsache, dass in den letzten Jahren, Bilder von Gemeinschaftsgärten in der Werbung und Öffentlichkeit, für alles Mögliche herhalten müssen, nimmt ihren politischen, ökologischen und sozialen Zielen und Förderungen jegliche Glaubwürdigkeit weg!

Wir fordern Vattenfall daher auf, mit ihrem Greenwashing aufzuhören und den eigenen Garten fortan als Firmengarten – nicht als Gemeinschaftsgarten – zu bezeichnen. Die Kultur und Ästhetik der urbanen Gartenbewegung verdienen Respekt und dürfen nicht von umweltschädigenden Konzernen angeeignet werden!

Ein Podcast dazu bei freie-radios.net

Weiterführende Links:
Urban Gardening Manifest
http://urbangardeningmanifest.de/
Netzwerkseiten von urbanen Gärten
https://anstiftung.de/
https://gruenanteil.net/
http://stadtacker.net/SitePages/Homepage.aspx

Vattenfall-Garten, Selbstdarstellung
http://pflanz-was.vattenfall.de/

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