Veranstaltung auf dem Weltacker auf dem IGA-Gelände.

Samenfest? Hybrid? … oder was!
Am Donnerstag, 14. September, um 17 Uhr, Ein Ackertalk über die Vor- und Nachteile der Hybridzüchtung
(Ich bin ein wenig Irritiert über den Titel der Veranstaltung, aber eine Person auf dem Podium einen klar positiven Bezug zu Gentechnik und Hybrid hat, muss es wohl so sein) .
Hier der Einladungstext und der Hinweis, wenn mensch sich Vorher anmeldet, gibt es über einen Eingang auch freien (umsonst) Zugang auf das IGA-Gelände):
Seit gut 10.000 Jahren geben Menschen das Saatgut ihrer Kulturpflanzen von einer Generation an die nächste weiter. Unzählige Sorten sind dabei entstanden und auch wieder untergegangen. Dabei geht es nicht nur um den Ertrag, sondern auch um die Widerstandfähigkeit gegen bestimmte Krankheiten, um die Anpassung an die jeweiligen örtlichen und klimatischen Gegebenheiten, um Geschmack und Moden, in heutigen Zeiten häufig auch um Aussehen, Transportfähigkeit und Haltbarkeit.
Während der ersten 9800 Jahre war die Auswahl und auch das Behüten des Saatgutes für das kommende Jahr in erster Linie Frauensache und eine Frage der Selektion: Die besten, aber auch interessante neue Ähren, Früchte, Knollen wurden aufgehoben, vermehrt und auch gekreuzt.
Die wissenschaftliche Pflanzenzucht der vergangenen 150 Jahre, die auf den Erkenntnissen von Gregor Mendel fußt, hat auf der einen Seite enorme Sprünge in der Veränderung des Saatgutes erlaubt. Auf der anderen Seite sind im Verlauf dieses Prozesses auch viele Besonderheiten und eine Menge Wissen untergegangen. Die Saatzucht wird in vielen Regionen der Welt nicht länger von Bäuerinnen und Bauern betrieben und kontrolliert, sondern von spezialisierten Firmen.
Seit den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts setzt sich zunehmend die Hybridzüchtung durch, eine Technik, bei der zwei verschiedene Inzuchtlinien gekreuzt werden und nur deren direkte Nachkommen (F1) die gewünschten Eigenschaften haben. In den folgenden Generationen verlieren sich diese Eigenschaften, sodass sie für den Nachbau nicht geeignet sind. Die Landwirte müssen deshalb das Saatgut jedes Jahr neu kaufen und seine Weiterentwicklung bleibt gänzlich in der Hand der Saatgutunternehmen. Viele der gängigen Gemüse- und auch Getreidesorten gibt es in Deutschland mittlerweile fast ausschließlich aus der Hybridzüchtung, viele andere mit einem Hybridanteil von über 60 Prozent – auch im Biolandbau.
Neben der vermehrten Abhängigkeit von großen Saatgutkonzernen und dem Verlust an Sortenvielfalt stehen Hybride auch für Qualitätsprobleme und hohe Preise in der Kritik. Jedoch gibt es auch andere Facetten zu der Debatte. Aus der Hybridzüchtung hervorgegangene Pflanzensorten versprechen höhere Erträge, eine bessere Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten sowieso die gute technische Handhabbarkeit möglichst einheitlicher, an möglichst vielen Standorten gedeihender Pflanzen.

Was hat es genau mit diesen zentralen Vor- und Nachteilen auf sich und welche sind vielleicht doch Mythen? Was bedeuten die Entwicklungen in der Pflanzenzüchtung eigentlich für die Vielfalt auf dem Acker? Welche Rolle spielt die Hybridzüchtung für die Ernährungssicherheit einer wachsenden Weltbevölkerung und wie kann und sollte Züchtung für eine zukunftsfähige und nachhaltige Landwirtschaft aussehen?

All dies diskutieren wir bei unserem Ackertalk sowohl mit Befürworterinnen als auch Kritiker der Züchtungsmethode:

Anja Banzhaf, Autorin von „Saatgut – Wer die Saat hat, hat das Sagen“
Anja Banzhaf, Buchautorin, Aktivistin, selbstgelernte Samengärtnerin und Referentin, hat mit ihrem 2016 erschienenen Buch „Saatgut – Wer die Saat hat, hat das Sagen“ für große Aufmerksamkeit gesorgt. Sie hat eine weltweit brisante Thematik mit ihren intensiven Recherchen in und über Europa hinaus in den Mittelpunkt gerückt. Dabei geht es auch um die anstehende Fusion von Bayer und Monsanto und damit ganz praktisch um die entscheidende Frage, wie unsere Kulturpflanzenvielfalt in den Händen von Bäuerinnen und Gärtner erhalten und weiterentwickelt werden kann.

Dr. Reinhard von Broock, ehemaliger Geschäftsführer KWS Lochow GmbH
Dr. Reinhard von Broock studierte Agrarbiologie mit den Schwerpunkten Pflanzenzüchtung und Genetik in Stuttgart Hohenheim und war ab 1975 als Züchter in der heutigen KWS SAAT SE beschäftigt. Die wichtigsten Stationen waren: Getreidezüchtung; Zuckerrübe bei einer Tochtergesellschaft in der Türkei; Mais, Hirsearten, Leguminosen in einem EU Entwicklungsprojekt in Uganda; Mitarbeit in der Leitung der zentralen FuE Abteilung der KWS und von 1992 bis zur Pensionierung im Dezember 2011 Geschäftsführer in der KWS LOCHOW GMBH – dort u.a. verantwortlich für die Züchtung von Getreidesorten. Von 2008 bis 20015 war er Vorsitzender des Vorstandes der heutigen Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation (GFPi) in der etwa 60 Züchtungsunternehmen ihre vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung organisieren.

Anja Christinck, Forschung und Kommunikation bei Seed4Change
Dr. Anja Christinck ist seit über 15 Jahren als selbstständige Agrarwissenschaftlerin in der internationalen Agrarforschung sowie in der Beratung politischer Institutionen tätig. Ein Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit besteht in der Entwicklung von Methoden der Zusammenarbeit, mit denen Bäuerinnen und Bauern gemeinsam mit Pflanzenzüchtern Prioritäten setzen und Züchtungsvorhaben umsetzen können, die sich an Zielen wie Ernährungssicherheit und Erhaltung der biologischen Vielfalt orientieren.

Moderation: Benedikt Haerlin, Zukunftsstiftung Landwirtschaft

Ablauf:

17:00 Einlass am IGA-Haupteingang Kienbergpark
17:30 Begrüßung und einführende Statements
18:15 Podiumsdiskussion
18:45 Diskussion mit dem Publikum
19:15 Schlussworte
19:30 Ackersnack und Vorstellung Tlaxcalli
20:00 Offenes Ende

Im Anschluss an eine vielseitige Diskussion werden wir in den Genuss von frisch geerntetem samenfestem Zuckermais kommen.
Das Mais-Catering Tlaxcalli wird uns in die Geschmackswelt jener Ackerfrucht führen, bei der die Hybridzüchtung begann. Der Weltacker-Zuckermais wurde im Rahmen der Aktion Bantam-Mais angebaut. Diese setzt seit 11 Jahren nicht nur ein starkes Zeichen gegen Gentechnik in der Pflanzenzüchtung, sondern auch gegen den Trend zur Hybriddominanz.

Wer sich bei carla(a)2000m2.eu anmeldet, kommt auf die Gästeliste und kann ab 17 Uhr umsonst über den Eingang Kienberg auf das IGA-Gelände (U-Bahnhof “Kienberg – Gärten der Welt”). Wir freuen uns!

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