Bio-Div-Abo August 2022 Tour 3

Hallo Freund*innen der regionalen Landwirtschaft, der Agrar-Diversität, frisches-Gemüse-Liebhaber*innen und an Landwirtschaftspolitik Interessierte,

Hier ist der dem Abo beigelegte Info-Zettel der August 2022-Kiste des Bio-Div-Abos. Damit Du/Ihr eine Idee bekommt worum es geht. Oder zum Nachlesen, falls du ihn nicht mehr zur Hand hast. Diesmal mit:

– Möhrenmix vom Hofkollektiv Bienenwerder
– Schmorgurke von Ludwig aus Börnecke
– Kürbis Zaphito vom Hofkollektiv Bienenwerder
– Zucchinimix vom Hofkollektiv Bienenwerder
– Drachenkopf vom Hofkollektiv Bienenwerder

Variationen möglich mit:

Open-Source-Brot vom Kollektiv Backstube gebacken
– Porree von Ludwig aus Börnecke

Die jeweilige Zusammensetzung variiert, der Warenwert ist
immer ca. 18 € (Variationen nötig und möglich, u.a. wegen den
angegeben Einschränkungen, bzw. individuellen Wünschen)

Das Abo besteht wie immer aus gentechnikfreien Lebensmitteln, die u.a. aus samenfestem Saatgut gezogen wurden, bzw. aus Misch-Saft aus regionalen Äpfeln und Gemüse, die großteils in solidar-ökonomischen Strukturen verarbeitet wurden.

Das massenhafte Artensterben geht Hand in Hand mit einer sich aufwärmenden Erde. Vorletzte Woche, vom 9.-15. August, gab es in Hamburg das/die „System Change Camp & Aktionstage“. Auch die Junge AbL war dort und hat sich an den Aktionen des breiten Bündnisses beteiligt.
Ein Ziel des Camps war, unterschiedliche Perspektiven zusammen zu führen, gab es bei der ersten Abo-Tour im August den Aufruf zu den Aktionen.

Jetzt im Rückblick kann ich schreiben, dass eine der ersten Aktionen des Ende-Gelände-Wochenendes sich gegen den Düngemittelhersteller Yara richtete. In Auszügen gebe ich hier mal die Pressemitteilung von Ende Gelände mit zum Abo:
„… Die Proteste des Aktionsbündnisses richten sich gegen die Pläne der Bundesregierung, an der norddeutschen Küste zwölf Terminals für Flüssiggas zu bauen und bis 2043 zu betreiben. Mit Flüssigggasimporten will die Bundesregierung Gas aus Russland ersetzen. Es wird zum großen Teil mit der Fracking-Methode gewonnen, die in Deutschland wegen ihrer extremen Umweltschädlichkeit bisher verboten ist. Eine erste Aktion fand bereits heute Morgen statt. Etwa 50 Klimaaktivist*innen von Ende Gelände blockierten das Haupttor des Düngemittelherstellers Yara in Brunsbüttel, einem Gasgroßverbraucher an einem der geplanten Terminalstandorte.

Charly Dietz, Sprecherin von Ende Gelände:
„Statt an private Haushalte zu appellieren, den Gürtel enger zu schnallen, wie die Bundesregierung es tut, muss jetzt den Großkonzernen der Gashahn zugedreht werden. Wir befinden uns nicht in einer Energiekrise, sondern einer kapitalistischen Verteilungskrise mit dramatischen Folgen für Viele und Gewinnen für einige Wenige! …“
Auch internationale Aktivist*innen aus den Abbaugebieten von Fracking-Gas zeigten sich auf der Pressekonferenz empört über das Vorhaben der Bundesregierung. Esteban Servat – Klimagerechtigkeitsaktivist aus Vaca Muerta in Argentinien, einem großem Abbaugebiet für Frackinggas, erklärt:
„Alle großen europäischen Länder, die sich nobel klingende Klimaziele auf die Fahnen geschrieben haben, tun in Wirklichkeit das genaue Gegenteil: Ihre multinationalen Konzerne sind führend bei der Zerstörung des Planeten, insbesondere im Globalen Süden. Der Großteil der deutschen Öffentlichkeit kennt nicht einmal den Namen des größten fossilen Brennstoffunternehmens des Landes, Wintershall Dea, das einer der größten Landbesitzer für Fracking in Vaca Muerta ist. ….

Das Aktionsbündnis Ende Gelände ist bekannt für Massenaktionen zivilen Ungehorsams. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bündnis mit mehreren tausend Menschen in Brunsbüttel den ChemCoast Park blockiert, um gegen das dort geplante Flüssiggas Terminal zu protestieren. Dort hat auch der Düngemittelherstellers Yara sein Produktionswerk. Yara verbraucht dort etwa ein Prozent des gesamten deutschen Gasverbrauchs. … . “

Und dann liegt dem Abo eine Karte des Oldenburger Münsterlands bei. Diese sieht auf den ersten Blick aus wie eine touristische Fahrradkarte, wie es sie aus fast allen Regionen in Mitteleuropa gibt. Aber schon beim Lesen wird klar: Da geht es nicht um eine schöne Fahrradtour von Vechta nach Cloppenburg. Diese Karte war Aktionsmaterial und wurde verteilt an interessierte Menschen bei der Fahrradtour, die die Aktion Agrar im Juli organisiert hatte. Und diese Karte hat es in sich. Für viele Menschen unbekannt ist, dass der Landstrich im Nordwesten der Republik ein Hotspot der industrialisierten, auf Tiermast und -leid aufbauenden Agrarwirtschaft ist.

Aktion Agrar schreibt selber zu dieser Karte: „Im Oldenburger Münsterland ballen sich große Tiermast-, Schlachtungs- und Verarbeitungsbetriebe. Der größste Geflügelkonzern Europas sitzt dort, die PHW Group, zu der auch Wiesenhof gehört. Konzerne wie Tönnies oder PHW haben nicht nur aufgrund fragwürdiger Produktionsbedingungen eine enorm große Marktmacht, sondern verzerren den Markt mit Verflechtungen entlang der Wertschöpfungskette: Großen Futtermittelkonzerne, Pilzzuchtanlagen, Hundesnack-Produktionen, Vermögens- und Finanzunternehmen, oder auch Logistikbetriebe.

Wie kann Transformation in der Ballungsregion gelingen? Auf dieser Infokarte findet ihr detaillierte Informationen zur Konzentration von Agrarkonzernen in der Region und den einzelnen Standorten der Agrarindustrie.“

Nun geht die Geschichte aber spannend weiter, hier Auszüge von Aktion Agrar: „Es gibt Ärger: Hochmotiviert und ein bisschen erschöpft von unserer ereignisreichen Aktionsradtour kamen wir letzte Woche wieder ins Magdeburger Aktion-Agrar Büro. Dort erwartete uns bereits Anwaltspost. Unsere umfangreiche Recherche zu den Fleischkonzernen im Oldenburger Münsterland und die kreative Wiedergabe als Doppelgängerin der Freizeitkarte des dortigen Tourismusverbandes verärgert ihre Herausgeber:innen und die Unternehmen der Branche. Vor allem die Verwendung des passend abgeänderten Logos „Oh weh – Oldenburger Münsterland – Zu viel Vieh“ wollen sie uns verbieten.

Wir denken: Jetzt erst recht! Wenn viele Menschen mithelfen, die Karte zu verbreiten und das Thema bekannter zu machen, kommt die Auseinandersetzung um die Tierhaltung und neue Perspektiven für die Bauernhöfe voran. Wir sind zuversichtlich, dass wir zusammen mit Dir die Klage zurückweisen können.

Wir haben uns mit einer Anwältin zusammengetan, auch um zu verhindern, dass wir für eine Übergangszeit die Karte aus dem Netz nehmen müssen.

Wir ducken uns nicht weg, wir werden die geforderte Unterlassungserklärung nicht unterschreiben, sondern unser Projekt verteidigen. Es gibt schon einige wichtige Urteile zu Gunsten kreativer Adbusting-Aktionen. Denn auch für uns gilt das Recht auf Meinungsfreiheit. Außerdem ist die kreative Veränderung eines Logos, die zugleich geeignet ist, die Kritik deutlich zu machen und vielleicht zum Schmunzeln anregt, Kunst. Deshalb setzen wir auch auf die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit. …“

Ich finde die Karte sehr gelungen, da sie alle möglichen Themen der industrialisierten Nutzung von Tieren und Landschaft thematisiert. Dazu werden auch weitergehende Bereiche wie Biogas, die Arbeitsbedingungen der Angestellten und Perspektiven des Wandels aufzeigt. Zudem finde ich spannend, dass es in der „geforderten Unterlassungserklärung“ um das Logo geht und nicht etwa um einseitige Darstellung, falsche Behauptungen oder so, sondern um ein Label 😉

Wie das Ganze weitergeht, könnt ihr unter www.aktion-agrar.de weiterlesen. Dort könnt ihr auch die Karte und andere Infomaterialien (nach-)bestellen und im Freundeskreis weitergeben, am Arbeitsplatz im Pausenraum auslegen, im befreundeten Lokal platzieren, …

Das mit dem Wandel hin zu einem lebenswerten Planeten für alle Lebewesen wird noch ein langer harter Weg, an dem sich viele auf unterschiedliche Weise beteiligen müssen. Aber wir alle können da mit dran basteln, die einen mit dem Verteilen von Flugblättern und Mobilisieren, andere, die mit Landkarten über Landwirtschaft aufklären, welche, die Flüssiggas- oder Autobahnbaustellen sabotieren, andere, die Schlachthöfe oder Flughäfen blockieren oder Abschiebungen verhindern. Aber auch welche, die Öffentlichkeit erzeugen, indem sie z.B. zur Wir-haben-es-satt-Demo gehen, bewusst einkaufen, Zwangsräumungen verunmöglichen, Petitionen für faire Landvergabe gestalten/unterschreiben/bewerben, Unterschriften zum Enteignen von DW & Co. sammeln, … und dabei intersektional denken und ihre Privilegien reflektieren!

Nun zum Inhalt der Kiste:

Möhrenmix vom Hofkollektiv Bienenwerder
Bunte Möhren waren ja schon immer wieder mal im Abo und sind ein schön anzusehendes Beispiel für die Diversität bei Gemüse. Ich bin immer wieder perplex, dass die meisten Menschen davon ausgehen, dass weiße, rote oder gelbe Möhren Varianten der orangefarbenen Sorte sind. Aber die Züchtung zu orange hin hat erst Ende des 17. Jahrhunderts stattgefunden.
Diesmal ist es ein schöner bunter Mix aus verschiedenen Sorten, u.a.
Carotte Jaune du Doubs (gelb), Rodelika (orange, dünn), Solvita (orange, konisch gewachsen, rillige Schale), Vitella (orange, glatte Schale, leicht konisch) und Lila Lu (violette Möhre mit orangefarbenem Kern).
Bei einer kleinteiligen Wirtschaft kann es passieren, dass es nicht von jeder Sorte genug für alle Abonnent*innen gibt. Ich habe aber versucht, euch allen einen schönen Mix zusammenzustellen.

Schmorgurke von Ludwig aus Börnecke
Schmorgurken sind so keine eigene Sorte der Gurkenfamilie sondern ausgewachsene Schälgurken. Sie können wie Salatgurken roh gegessen werden, oder sie werden zu Senfgurken verarbeitet. Optional können sie als Schmorgurken zubereitet werden.
Wenn diese Gurken-Sorte zu Einlege- und Schälgurken verarbeitet werden sollen, werden sie früher/kleiner geerntet. Dann werden sie anschließend durch Milchsäuregärung zu Salzgurken oder mit einem Essigsud eingekocht und dann als Gewürzgurken oder Saure Gurken bezeichnet. Sie werden im Freiland angebaut.


Zaphito vom Hofkollektiv Bienenwerder
Die größere grüne Kugel ist ein Zaphito, ein Sommerkürbis. Ähnlich wie Kürbisse der Sorte Hokkaido kann er mit Schale gegessen werden. Der Saatguthändler Bingenheim schreibt: „Zaphito ist zwar botanisch ein Kürbis, wird aber als junge Frucht wie eine Zucchini geerntet. Entsprechend wird die Schale mitgegessen.“ (Ich hatte auch schon eine Lieferung der Sorte, bei der die Schale allerdings teilweise relativ hart war 😉. Als Tipp: Entweder dann doch schälen oder, je nachdem wie er verwendet werden soll, klein/fein raspeln.)

Zucchini-Mix vom Hofkollektiv Bienenwerder
Sommerzeit ist Zucchini-Zeit, und das muss nicht nur in grün und länglich sein, sondern geht auch vielseitig in Farbe und Form. Auch in der Verarbeitung: roh im Salat oder gekocht in der Soße, gefüllt, als Bratlinge oder als süßer Kuchen. Da ist einiges machbar.
Im Abo gibt es diesen Monat eine besonders schön anzusehende Zucchini-Auswahl.
In jedem Abo ist eine

Serafina (grüne längliche Zucchini)

Gold Rush (gelbe längliche Zucchini, gut haltbar)

Cocozelle von Tripolis (längliche Form, Schale grün mit weißen Streifen, leider teilweise ohne weiße Streifen – Anmerkung der Gärtner*innen); optional wurde anstatt dieser Sorte – Tondo di Nizza (grüne Schale mit weißen Punkten, kugelförmiger Wuchs) gepackt.
Und dazu noch eine weitere Zucchini, entweder

White Bush (weiße längliche Zucchini mit leichter Glockenform)
oder

Crockneck (mit gelber warziger Schale, krumm gewachsen – aber trotzdem ein Speise-, kein Zierkürbis!)
oder

Trompeten (Schlangenzucchini, in grün oder gelb).

Zucchini sind eine Unterart des Gartenkürbisses und gehören zur Pflanzenfamilie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae). Sie sind einhäusig, das heißt, männliche und weibliche Geschlechtsorgane befinden sich in getrennten Blüten, aber an einer Pflanze. Die Zucchini stammen aus Europa, wo die ersten Formen am Ende des 17. Jahrhunderts auftraten. Die Vermarktung der Zucchini begann in Italien. Ursprünglich wurden die Zucchini durch Züchtung aus dem Gartenkürbis entwickelt.
Ein Rezept für simple und doch sehr leckere Zucchini-Bratlinge findest du auf der Rückseite des letzten Blatts.

Drachenkopf vom Hofkollektiv Bienenwerder
Als Kräuterbund gibt es dieses mal ein Bund Drachenkopf, das ist ein zitroniges Teekraut. Wer es nicht so mit dem Teetrinken hat, kann vielleicht einen Eistee ansetzten 😉 . Und mensch kann die schönen Blüten und auch die Blätter als essbare Dekoration für Speisen nutzen.

Variationen möglich mit:
Die Variationen ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Wünsche und Individualisierungen. Die vorwiegende Variation in diesem Monat ist, dass, wenn in einem Abo Brot enthalten sein soll, es dafür keinen Porree und mehr vom Möhrenmix im Abo gibt. Teilweise gibt es noch individuelle Wünsche oder Allergien, die dann zu anderen Kombinationen führen, die hier nicht erwähnt werden.

Open-Source-Brot vom Kollektiv Backstube gebacken
Das Brot ist aus einem Getreide, das über ein Open-Source-Lizenzverfahren zu einem Commons geworden ist.
Es ist ein Weizensauerteigbrot mit Leinsamen drin. Hauptzutat ist 1050er Weizenmehl, es ist saftig und dicht. Es passt ideal zu einem Sommersalat 😉
Zum Thema Open-Source-Lizenz gab es im Beipackzettel im Dezember 2019 Hintergrundinfos. Wer damals noch kein Abo hatte oder wenn ihr den Zettel nicht mehr zur Hand habt, könnt ihr den Text auch online nachlesen. Zu finden ist er unter https://schnittstelle.berlin/bio-div-abo-dezember-2019-tour-1/

Porree von Ludwig aus Börnecke
In diesem Monat gibt es samenfesten Sommerlauch für euch.

Soweit,
nun euch einen juten Hunger,
HERBiE
für Schnittstelle

Ein einfaches Rezept für Zucchini-Bratlinge:

4 Teile Zucchini,
1 Teil Haferflocken,
1 Teil Zwiebeln,
1 Knoblauchzehe,
Salz, Pfeffer, Gewürze und Öl

Zucchini raspeln, Zwiebeln klein würfeln, Knoblauchzehe pressen, kräftig mit Salz, Pfeffer und Gewürzen nach Wahl würzen;
Haferflocken untermischen und stehen lassen, bis die Klebe-Fähigkeit der Haferflocken zum Tragen kommt;
dann mit feuchten Händen oder Löffeln dünne Bratlinge formen und in einer gut geölten Pfanne braten / ausbacken.