Bio-Div-Abo Dezember 2020 Tour 1

Berlin, den 2./3.12.2020 – Tour 1

Hallo Freundinnen der kleinteiligen Landwirtschaft, der Agrar-Diversität, Winter-Gemüse-Liebhaberinnen und am Kochen Interessierte,

(Hier ist der dem Abo beigelegte Info-Zettel der Dezember 2020-Kiste der ersten Tour des Bio-Div-Abos. Damit Du/Ihr eine Idee bekommt worum es geht.) Im Abo gab es eine Auswahl der folgenden Sachen.

Sellerie von Ludwig aus Börnicke
bunten Möhren vom SoLaWi-Hof Waldgarten
Radicchio von Ludwig aus Börnicke
Kartoffeln von Longo Maï
Kräutertee von Longo Maï

Variationen möglich mit

Open-Source-Brot vom Kollektiv Backstube
Apfel-Mango-Saft von der Mosterei Ketzür

Die jeweilige Zusammensetzung variiert, der Warenwert ist
immer ca. 18 € (Variationen nötig und möglich, u.a. wegen den
angegeben Einschränkungen, bzw. individuellen Wünschen)

Das Abo besteht wie immer aus gentechnikfreien Lebensmitteln, die u.a. aus samenfestem Saatgut gezogen wurden, bzw. aus Misch-Saft aus regionalen Äpfeln und Gemüse, die großteils in solidar-ökonomischen Strukturen verarbeitet wurden.

In den letzten Beipackzetteln ging es um den Widerstand im hessischen Dannenröder Wald gegen den Weiterbau der A49. Die Rodungssaison zwischen Gießen und Kassel geht weiter, wie auch der Widerstand dagegen. Die Baumfällarbeiten gehen, wegen dem Protest, viel langsamer voran als geplant. Leider sind sie trotzdem bereits im Dannenröder Wald angekommen, wo sich seit einem Jahr Waldbesetzerinnen auf die Räumung vorbereitet haben. Auch der Widerstand geht weiter. Weitere schlechte Nachrichten sind, dass es vor zwei Wochen zwei dokumentierte Fälle von grob fahrlässigem Verhalten der Polizei gegeben hat. Im ersten Fall wird auch schon gegen einen Polizisten ermittelt, der Berichten zufolge trotz klar erkennbarer Hinweise ein Sicherheits-Drahtseil eines Tripod gekappt hat und damit eine Person mehrere Meter tief stürzen lassen hat. Sie ist nicht mehr in Lebensgefahr. Es gab diverse Übergriffe auf Demonstrantinnen, auch auf Journalistinnen und Anwohnerinnen.
Auch wenn Neuigkeiten aus dem Danni nicht mehr oft in den Haupt-Nachrichten zu sehen ist, lohnt es sich und ist wichtig, sich weiter zu informieren und sich z.B an der Aktionswoche zwischen dem 5. und 13. Dezember, auch in Berlin, zu beteiligen.

Bei den Protesten werden Straßenverkehr, Flächenverbrauch, Waldrodungen und die imperiale Lebensweise kritisiert. Konkret geht es um die Diversität, die im Dannenröder Wald durch die Rodung zerstört wird, um den Wasserschutz und um die Lebensräume von Tieren, die dort wohnen.

Im Abo geht es ja um Agrar-Diversität. Ein Thema bei der Agrar-Diversität ist, dass es oft um eine Diversität geht, die den Verbraucherinnen oft nicht auffällt. Klar gibt es die Unterschiede, die sehr gut zu sehen sind, wie z.B. bei den Möhren in diesem Abo. Und dann gibt es die Diversität, die mit den Geschmacksnerven erfahrbar ist, oft schon, wenn mensch mal samenfeste Sorten mit Hybrid-Gemüse vergleicht. Aber auch die, die bewusst gezüchtet wurden. Da fallen mir Tomaten ein, die süßlichen oder kräftigen Geschmack haben. Neben den geschmacklichen Unterschieden gibt es dann noch eine weitere „unsichtbare“ und für die Konsumentinnen kaum zu erfahrbare Diversität. Um bei den Tomaten zu bleiben: Getrocknete Tomaten können nicht aus allen Sorten gemacht werden. Da wurden im Laufe der gemeinsamen Züchtung mal Tomaten selektiert/gezüchtet, die nicht so viel Saft/Feuchtigkeit im Inneren haben. Wenn da viel wäre, müsste ja mehr/länger getrocknet werden, was die Tomaten anfälliger für Verderb machen würde.
Noch schwieriger wird es bei Getreide. Was macht da die Diversität aus. Bei Schnittstelle gibt es Pasta aus Italien aus der Hartweizensorte Senatore Cappelli. Der fertigen Pasta sieht man nicht an, dass die Körner auf dem Feld z.B. schwarze Grannen haben. Auch gibt es keinen Saison-Verkauf aufgrund unterschiedlicher Erntezeiten. Das macht es schwerer für Lai*innen, einen Sinn in der Diversität zu sehen. Aber der Anbau verschiedener Sorten ist wichtig für Resistenzen gegen Krankheiten und für die regionale Anpassung an mikroklimatische Bedingungen, gegen Ernte-Ausfälle und für die Vielfalt für weitere Züchtungen.

Also, Augen auf beim Lebensmittelkauf. Auch wenn es für dich als Konsumentin erst mal nicht ersichtlich ist, für die Umwelt, für eine enkeltaugliche Produktion, für eine lebenswerte Welt macht es Sinn, darauf zu achten, sich damit mehr zu beschäftigen, mit Freundinnen darüber zu reden, Aktionen zu machen gegen agrarindustrielle Landwirtschaft und gegen den Lobbyismus, der dieses System in der Politik verankert. Und ganz pragmatisch die Diversität nicht nur im eigenen Garten, sondern auch in der Küche zu fördern.

Inhalt der Kiste:

Sellerie von Ludwig aus Börnicke
Diese Sellerie-Sorte heißt Ibis. Das ist eine schnell wachsende Sorte mit einer glatten, hoch-runden Knolle. Ich bin guter Dinge, dass diese Eigenschaft aus der Beschreibung euch zugute kommt: „Der kleine Laub- und Wurzelansatz verursacht wenig Putzarbeit.“
Knollensellerie wurde in Mitteleuropa schon in traditionellen Bauerngärten angebaut. Sie wurde aus einer heimischen Wildform kultiviert. Die wilde Sellerie wächst an Quellen und anderen eher feuchten Orten, wie in Meeresnähe. Wegen dem späten Erntezeitpunkt ist Knollensellerie ein klassisches Herbstgemüse. Und dank der guten Lagerfähigkeit auch ein Wintergemüse.
Die Knollensellerie im Abo hat auch noch ‚Grünes‘. Das kann als Gewürz in der Küche verwendet werden. Wem es erst mal zu viel ist: kleinhacken und trocknen oder einfrieren.
Aber was mit Sellerie machen, außer als Suppengemüse verwenden? Z.B. Sellerieschnitzel oder Waldorfsalat, siehe Rezept auf den letzten Seiten. Oder geraspelt im Salat oder als Gemüserösti.

bunte Möhren vom SoLaWi-Hof Waldgarten
Bunte Möhren waren ja schon immer wieder mal im Abo und sind ein schön anzusehendes Beispiel für die Diversität bei Gemüse. Ich bin immer wieder perplex, dass die meisten Menschen davon ausgehen, dass weiße, rote oder gelbe Möhren Varianten der orangefarbenen Sorten sind. Denn die Züchtung zu orange hin hat erst Ende des 17. Jahrhunderts stattgefunden undgab es so nicht in der Natur.
Diesmal ist es ein schöner bunter Mix aus verschiedenen Sorten, u.a. Carotte jaune du Doubs (gelb), Maruschka (weiß), Ochsenherz (die stark bauchige orangefarbene) und Oxhella (die walzenförmige oragngefarbene – eine Weiterzüchtung der Ochsenherz).

Radicchio von Ludwig aus Börnicke
Im September-Beipackzettel bin ich schon auf Radicchio eingegangen. Diesen Monat kommt der Radicchio der Sorte „Palla Rossa“ von Ludwig. Er hat satt rote runde Köpfe mit im Inneren gebleichten Blättern.
Wer spontan nicht weiß, was er damit machen will, keine Eile. Durch die kompakte kugelige Form ist Radicchio gut vor dem Welken geschützt und kann so bis zu 4 Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden. Aber nicht vergessen 😉

Kartoffeln von Longo Maï
Es gibt diesen Monat die rotschalige Sorte Rosara. Sie wurde in den 80ern in West-Deutschland gezüchtet und kann schon früh im Jahr geerntet werden. Sie ist vorwiegend festkochend und daher gut für Bratkartoffeln, Gratin, Ofenkartoffeln, Pellkartoffeln, Pommes Frites und Salzkartoffeln geeignet.

Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen fest-kochenden, vorwiegend fest-kochenden und mehlig-kochenden Kartoffeln, und welche Sorte ist für was geeignet?
Diese Unterteilung hängt von der Stärkemenge der Kartoffel ab. Je höher der Gehalt an Stärke, desto trockener, mehliger und grobkörniger ist sie. Mehlig-kochende Knollen haben einen Stärkegehalt von 16,5%, fest-kochende Knollen dagegen haben im Durchschnitt nur einen Stärkegehalt von rund 14%. Sie sind dadurch schnittfester und feuchter. Vorwiegend fest-kochende und fest-kochende Knollen landen heute in Deutschland am häufigsten auf dem Teller. Die Mehlig-Kochenden waren in der DDR beliebter.
Fest-kochende Kartoffeln sind gut für Bratkartoffeln, Kartoffelsalat, Gratins und Pellkartoffeln, weil die Knolle auch gekocht relativ schnittfest ist und feuchteres Fruchtfleisch hat als die mehlig-kochende. Sie werden manchmal auch Salat- oder Speckkartoffeln genannt.
Vorwiegend fest-kochende Kartoffeln haben einen mittleren Stärkeanteil von ca. 15% und sind die Kartoffeln für alle Fälle. Das mittelfeste, feinkörnige Fruchtfleisch eignet sich wunderbar für Salzkartoffeln, Bratkartoffeln, Eintöpfe, Aufläufe, Pommes und auch Stampfkartoffeln. Die Schale platzt beim Kochen nur leicht auf.
Mehlig-kochende Kartoffeln fallen nach dem Garen fast von alleine auseinander und schmecken leicht trocken. Sie sind ideal für Suppen, Kroketten, Knödel, Püree, Gnocchi und Ofenkartoffeln.

Kräutertee von Longo Maï
Im Gegensatz zu Gemüse wird bei Kräutern und Tee beim Einkauf meistens nicht so geschaut, wo sie herkommen. Oft wird die sehr aufwendige Arbeit des Kräuteranbaus in Ländern gemacht, wo die Arbeitskraft günstig ist und dann die Gewinnmarge größer ist.
Diese Teemischung Beerebblüte kommt aus kollektiver Produktion aus Mecklenburg und besteht aus Himmbeer-, Brombeer-, Johannisbeer, Erdbeerblätter, Stockrose, Ringelblume, Drachenkopf, Lindenblüte, Minze, Brennessel und Kornblume.

Variationen möglich mit:
Die Variationen ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Wünsche und Individualisierungen. Zum Beispiel: Wenn in einem Abo Brot enthalten sein soll, gibt es dafür keinen Saft. Einige haben sehr kleine Kürbisse bekommen, als Zusatz bekommen sie Zwiebeln. Teilweise gibt es noch individuelle Wünsche oder Allergien, die dann zu anderen Kombinationen führen, die hier nicht erwähnt werden.

Open-Source-Brot vom Kollektiv Backstube gebacken
Theoretisch war für diesen Monat ein Wechsel der Brotsorte geplant. Um ein tolles neues Brot zu haben, müssen doch noch ein paar Backversuche gemacht werden. Wer es schon mal versuchen will, kann mittwochs in der Backstube versuchen, ein Probe-Brot zu bekommen.
Deswegen gibt es diesen Monat nochmal das Open-Source-Brot.
Das Brot hat eine rundliche Muschelform und ist frei geschoben. Das heißt, es wurde nicht in einer Kastenform gebacken. Hauptzutat ist 1050er Weizenmehl, es ist saftig und dicht.
Im Dezember 2019-Beipackzettel sind Hintergrundinfos dazu erklärt worden. Die könnt ihr auch online nachlesen, wenn ihr den Zettel nicht mehr zur Hand habt. Zu finden ist er unter https://schnittstelle.berlin/bio-div-abo-dezember-2019-tour-1/

Apfel-Mango-Saft von der Mosterei Ketzür
Im Abo gibt es einen Saft aus regionalen Äpfeln und fairer gehandeltem Mango-Püree.
Der Mango-Anteil stammt aus kleinteiligem Wirtschaften auf den Philippinen. Er beträgt nur 20%, macht aber, dass der Saft so ganz anders schmeckt . Bei dem herbstlichen Wetter könnt ihr damit ein wenig Sonne tanken.
Warum ich es vertretbar finde, hier auch mal Apfel-Mango-Saft anzubieten, habe ich hier beschrieben: https://schnittstelle.berlin/bio-div-abo/abo-juli-2019-tour-1/

Na dann, einen juten Hunger,
HERBiE
für Schnittstelle