Der folgende Beitrag ist Teil des Beipackzettels vom Biodiversabos im März 2020, und erklärt in groben Zügen Thematik rund um samenfestes Saatgut.
Draußen und auch laut Kalender ist Frühlingsanfang. Nun ist ja auch die Zeit, in der die Gärtner*innen, egal ob professionell oder als Hobby, überlegen, was den Sommer dann im Garten, auf dem Beet oder dem Balkon gepflanzt werden soll. Bei dem ein oder anderen ist es auch gut, wenn es vorgezogen wird.
Aber wo kommt das Saatgut her, wer verdient daran, welcher Chemie-Konzern ist damit verstrickt?
Die Konzentration der Saatgutbetriebe hat die letzten Jahre massiv zugenommen. Eine Begleiterscheinung davon ist, dass der Druck der Konzernlobbyist*innen auf die Gesetzgebungen und auf die Freihandelsabkommen (in denen Saatgutrecht auch oft ein Punkt ist) steigt. Und damit nimmt auch weiterhin die Konzentration auf dem Saatgutmarkt zu und es wird schwieriger Agrardiversität zu erhalten.
Aber auch der Protest dagegen ist vorhanden: Saatguttauschbörsen, Seminare zu „wie gewinne ich mein Saatgut“, die Möglichkeit, Saatgut im Biomarkt kaufen zu können, und auch das Hervorheben im Biobereich, dass Sorten samenfest sind, sind Zeichen, dass es da ein wachsendes Bewusstsein gibt. Im Biodiversitäts-Abo gibt nur Gemüse aus samenfestem Saatgut.
Aber was bedeutet samenfest?
Als samenfest werden diejenigen Sorten bezeichnet, von denen mensch im Garten oder auf dem Feld selbst Samen gewinnen und nachbauen kann, ohne dass die Eigenschaften der Sorte in der nächsten Generation/Saison verloren gehen! Die im Super- oder Baumarkt verkauften Sämereien sind sehr oft Hybridsorten. Sie werden mit dem Zusatz F1 auf der Verpackung gekennzeichnet.
Aber warum gibt es Hybrid-Sorten?
Hybrid-Saatgut ist auf mehreren Ebenen ideal für die industrielle Landwirtschaft. Auf dem Feld zeichnen sich Hybrid-Züchtungen durch eine große Gleichförmigkeit (in Geschmack, Form, Größe und Reifezeitpunkt) aus. Damit lässt sich dann, der kapitalistischen Sichtweise folgend, effizienter produzieren und handeln (in größeren Margen, europaweit, mit vermeintlich weniger „Schwund“, …).
Hybrid-Saatgut kann mensch nicht selbst vermehren. Zwar wollen sowieso nicht alle Gärtner*innen ihr Saatgut selbst gewinnen, aber dennoch ist vielen die Frage, wie es vermehrt worden ist, wichtig. Ein Großteil der samenfesten Sorten wird in kleinen Betrieben produziert, sie sind regional angepasst(er) und haben Eigenschaften, die Klein(st)-Produzent*innen, Selbstversorger*innen und auch Hobbygärtner*innen benötigen, wie z.B. eine längere Ernte-Periode, statt wie bei Hybridsaatgut, das eine Zucchini-, Gurken- oder Tomaten-Schwemme innerhalb von 2-3 Wochen „produziert“.
Welche Nachteile hat Hybrid-Saatgut?
Wenn mensch das Saatgut einer Hybridsorte gewinnt und aussät, keimen Samen mit ganz verschiedenen Eigenschaften, so wie sie im Ausgangssaatgut vorhanden waren. Das kann dann so aussehen, dass aus den Körnern eines großen, gelben, schmackhaften Mais im nächsten Jahr Pflanzen keimen, die z.B. guten Geschmack, aber kleine rote Kolben haben, und andere, die gelbe, große, aber fast geschmacklose Kolben tragen. Was den Gärtner*innen nicht so viel bringt, da sie nicht genau wissen, was für Sorten raus kommen. Für professionelle Anbauer*innen ist das Aussäen von selbst-gewonnenen Samen von Hybridpflanzen verboten und zudem gar nicht praktikabel. Denn im weltweiten Markt wird immer gleichmäßigeres Gemüse eingefordert und somit werden die Anbauer*innen auch zum Anbau von Hybridsorten genötigt.
Wie passt Hybrid-Saatgut zu Ernährungssouveränität?
Das Vorhandensein samenfester Sorten ist Voraussetzung für Ernährungssouveränität und dafür, dass Menschen Konzern-unabhängig ihr Saatgut selbst gewinnen, selektieren und regional angepasstes Saatgut züchten können. Gerade angesichts des Klimawandels ist es sinnvoll, viele verschiedene regional angepasste Sorten in kleinteiliger Landwirtschaft anzubauen und daraus neue Sorten entwickeln zu können. Konzerne demgegenüber setzen auf großflächigen Anbau von wenigen Sorten. Wenn diese mit dem Klimawandel nicht klarkommen und nicht mehr keimen/wachsen/ausreifen, könnte es ein großes Ernährungsproblem geben.
Eine Info noch: Die Vermehrung als Hybride gibt es auch in freier Wildbahn, sozusagen als „natürlicher“ Vorgang. Das wird gerne von Verfechter*innen der industrialisierten Landwirtschaft und Samenproduktion vorgetragen. Wie etwa im Wikipedia-Artikel zu Hybriden. Dort werden Hybridpflanzen einfach als natürliches Phänomen beschrieben und ganz ohne Kritik, die mensch an Hybridzüchtung haben könnte.
Es gibt bei Schnittstelle im Depotverkauf samenfestes Saatgut von Keimzelle. Zur Auswahl stehen über 50 verschiedene Sorten und Saatgutmischungen, davon vieles auch für den Balkon geeignet und es eignet sich auch super als ökologisch sinnvolles Geschenk für Freund*innen.