Urupia, eine libertäre Kommune im Salent
Urupia hat seinen Ursprung in den 90er Jahren, ist entstanden aus der Begegnung zweier Gruppen; die eine salentinischer Herkunft- damals fast alle Mitarbeiter_innen der anarchistischen, antimilitaristischen Zeitschrift ´Senzapatria´ ( Ohne Vaterland, die Übers. ), die andere aus der Berliner radikalen Linken.
Drei Jahre lang wurden Seminare veranstaltet, Entwürfe ausgetauscht, Treffen organisiert und Debatten geführt, in denen ein Prozess des Kennenlernens stattfand und die Klärung der Ziele und Inhalte des Projekts: interne Organisationsstrukturen, ökonomische Perspektiven, Möglichkeiten der politischen Intervention etc.
Während dieser zeit entwickelte sich mittels -zig Veranstaltungen ( öffentliche Vorstellungen des Projekts, Radiosendungen, Konzerte, Voküs ) ein breiter Unterstützer_innenkreis in politischer wie auch in konkreter ökonomischer Hinsicht – in Italien wie in Deutschland.
Gleichzeitig wurde der geographische Ort für das zukünftige Projekt festgelegt und die Suche nach konkreten Objekten vorangetrieben.
`Offiziell´ startete das Projekt 1995 mit dem Erwerb einiger landwirtschaftlich genutzten Gebäude auf einem Terrain von cva. 24 Hektar in der Nähe von Francavilla Fontana, im Salent, auf halber Strecke zwischen Brindisi und Taranto. Die ´Masseria´ – so heißen bei uns die größeren
Bauernhöfe – wurde mit den ( spärlichen ) Finanzmitteln der Kommunard_innen, vor allem aber mit Hilfe diverser Spenden und Schenkungen und Krediten der italienischen und deutschen Unterstützer_innen erworben. Das so erworbene Eigentum gehört dem Verein `Associazione
Urupia´, einer juristischen Person ohne Gewinnstreben, mit der Absicht gegründet, den Hof wie auch die Produktionsmittel dem Privateigentum zu entziehen.
So wurde die Kommune Urupia Wirklichkeit. Ihre wesentlichen konstituierenden Prinzipien sind die Abwesenheit von Privateigentum und das Konsensprinzip. Sie sind Ausdruck der Überzeugung, dass eine wirkliche politische Gleichheit nur auf der Grundlage ökonomischer Gleichheit verwirklicht werden kann, wie der Gewissheit, dass Autonomie und Glück der einzelnen Individuen
wesentlich für jegliche soziale Entwicklung sein müssen.
Ziel des Projekts ist die fortlaufende praktische Verwirklichung einer libertären Utopie: eine weitgehend ökonomische Unabhängigkeit, politische Freiheit und soziale Solidarität und zwar durch gemeinschaftliches Arbeiten und Handeln, durch Abschaffung jeglicher Hierarchie, gleich ob sie durch Besitz, Geschlecht, physische oder intellektuelle Stärke verursacht wird.
Das Leben in Urupia begann im Frühjahr 1995 mit der Renovierung und dem Ausbau der Gebäude – fast 2000 Quadratmeter bebaute Fläche – und mit der Bearbeitung der landwirtschaftlichen Flächen.
Die Gebäude waren seit einigen Jahren unbewohnt, die Felder im Zustand zunehmender Verwilderung. Seit dem sind alle wichtigen Versorgungssysteme installiert: Wasser, Licht, Gas, Heizung, Pflanzenkläranlage ( die erste mit Schilfbepflanzung in Italien ), Sonnenkollektoren für Warmwasser und zwei Photovoltaikanlagen für die Stromproduktion. Wohnräume sind geschaffen worden, Küche, Badezimmer, Vorratsräume, Backöfen, verschiedene Werkstätten, Unterstellplätze für landwirtschaftliche Maschinen, ein Campingplatz für die zahlreichen Sommergäste, ein Lagerraum für unser Olivenöl, ein neuer Weinkeller, eine ´Kultur-Scheune´…. Im Juli 2012 hat der Umbau einiger Räume begonnen, die eine kleine Freie Schule beherbergen sollen. Deren Aktivität soll ( so hoffen wir ) im September 2014 starten.
Nahezu sämtliche landwirtschaftlichen Flächen werden bearbeitet; weitere sind dazu gekauft oder in Pacht übernommen worden. Tausende Bäume wurden gepflanzt. Damit werden gegenwärtig mehr als 20 Hektar Olivenhain, vorwiegend mehrere Jahrhunderte alt, fast vier Hektar Wein, ein Hektar Gemüsegarten, Getreidefelder und Obstgärten bewirtschaftet.
Zur Zeit leben ständig ca. 20/ 25 Personen in Urupia, davon 5 Kinder. Seit Beginn praktiziert die Kommune eine großzügige Gästekultur. Es ist möglich, länger oder weniger lange in Urupia zu sein, und so mit den Kommunard_innen gemeinsam zu arbeiten und den Alltag zu leben.
Die Kommune bestreitet ihren Unterhalt auf verschiedene Weise, überwiegend durch die Arbeit in der Landwirtschaft – den Verkauf von Olivenöl und Wein, von Brot und anderen Backprodukten, Gemüse, Kräutern und Konserven. Ein Kommunarde wechselt zwischen der Arbeit auf dem Land und der Arbeit als Musiker und Moritatensänger, eine Kommunardin ist Lehrerin an der Grundschule im Nachbardorf.
Seit Oktober 2002 finden die landwirtschaftliche Produktion, die Verarbeitung und der Vertrieb der Produkte im Rahmen der Genossenschaft `La Petrosa´ statt, die formal Pächterin der Ländereien des Vereins Urupia ist. Obwohl Urupia schon immer biologische Landwirtschaft betreibt, haben wir uns keinem Verband angeschlossen, der uns zertifiziert. Wir zählen auf die Transparenz unserer angewandten Methoden und den direkten Kontakt mit Verbraucher_innen. Ein Besuch der Kommune durch interessierte Personen ist jederzeit möglich.
Zahlreich sind auch die politischen und sozialen Aktivitäten der Kommune in der Region:
von Umweltaktionen bis zu Fortbildungskursen, der Zusammenarbeit mit Schulen bis zu Kulturveranstaltungen mit vielfältigen Themen.
In diesen 18 Jahren haben tausende von Menschen länger oder kürzer in der Kommune gelebt und so mit ihrer Energie und Aktivität das Projekt entwickeln helfen. Zur Zeit befinden sich keine Personen deutscher Herkunft in der Gruppe der Kommunard_innen. Heinz, der älteste der Gründungsmitglieder, ist im Alter von 83 Jahren vor 6 Jahren gestorben; Rolf und Antje ( zwei weitere Gründungsmitglieder ) sind vor 5 Jahren zurück nach Berlin gezogen, nachdem sie in entscheidender Weise an den Gründungsphasen beteiligt waren und fast 15 Jahre mit uns gelebt haben. Seit einigen Jahren lebt Roland, ein alter Berliner Freund, in Urupia bzw. in der Nähe, in Unabhängigkeit von unseren organisatorischen und ökonomischen Strukturen.
Darüber hinaus besuchen uns weiterhin vorwiegend junge Leute aus Deutschland, und wir führen auch unsere ´kommerziellen´ Kontakte weiter – auch wenn mittlerweile unser Öl und unser Wein in Deutschland praktisch nur noch von Schnittstelle vertrieben werden.
Comune Urupia
Postadresse: Casella Postale 29, 74020 San Marzano di San Guiseppe ( TA )
mail: comune.urupia@gmail.com
Internetseite: Urupias Webseite
Telefon: 0039-0831-890855
Selbstdarstellung Stand Okt. 2013
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