Griechenland: Saatgut & Solidarökonomie

Im April diesen Jahres fand in Griechenland ein Saatgutfestival mit internationaler Konferenz statt. 7000 Menschen aus dem Nord-Osten Griechenlands kamen, um nach regional angepasstem Saatgut zu suchen.
Neben vielen spannenden Informationen über Saatgut, erfuhren wir auch einiges über die aktuelle Situation in Griechenland und über kreative Alternativen, die in den letzten Jahren der Krise entstanden sind.
Vasso, eine ehemalige Lehrerin, Saatgutaktivistin, die auch bei Attac Griechenland aktiv ist, berichtete beispielsweise vom schnell wachsenden Interesse an traditionellem Saatgut in Griechenland und von Menschen, die – als Alternative zur Aussichtlosigkeit in den Städten – aufs Land gehen und neu in die Landwirtschaft einsteigen wollen. Damit diese Initiativen eine Chance haben zu bestehen, brauche es viel Unterstützung durch geeignetes Saatgut, aber auch durch die Weitergabe von Wissen und gärtnerischer Erfahrung,

Doch nicht nur in Bezug auf Saatgut und neuen Initiativen auf dem Land tut sich viel in Griechenland, wie die Vorstellung weiterer griechischer Initiativen zeigte. Die athener Gruppe Sporos zum Beispiel vertreibt neben traditionellem Saatgut und Soli-Kaffee der mexikanischen Zapatisten, auch regionale landwirtschaftliche Produkte. Ihr Hauptziel sieht sie im Aufbau von alternativen solidarökonomischen Strukturen. „Fairen Handel” verstehen sie nicht als ein Weg um „Armen zu helfen”, sondern als eine mögliche soziale Bewegung, die horizontale Netzwerke von ProduzentInnen, Vertriebsgruppen und aktiven KonsumentInnen aufbaut.

Kartoffel-Revolution
Welches Potenzial solidarökonomische Strukturen haben können, zeigten dann auch gleich die Berichte über die sogenannte „Kartoffel-Revolution” in Griechenland. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Art Direktvermarktungsmodell, dass erstaunlich schnell und erfolgreich entstand und wuchs. Während die griechischen Bauern kaum etwas für ihre Kartoffeln bezahlt bekamen, waren sie im Supermarkt sehr teuer. Um auf diese verzweifelte Situation aufmerksam zu machen, verschenkten einige Bauern ihre Kartoffeln in den Städten. Die Lösung war simpel: Heute bringen Bauern ihre Kartoffeln selbst in die Stadt und verkaufen sie mit logistischer Unterstützung durch freiwillige HelferInnen direkt an die KundInnen. Diese Direktvermarktung war so erfolgreich, dass in nur vier Wochen 17 Millionen Kilogramm Kartoffeln verkauft wurden. Mittlerweile sind in vielen Städten ähnliche solidarökonomische Strukturen entstanden, erweitert um Produkte wie Ölivenöl, Mehl und Reis.

Mehr Subsistenz, mehr selber machen, mehr Unabhängigkeit
Nea Guinea, ein seit 2009 existierendes Kollektiv, versucht allgemein mehr Selbstbestimmung zu erreichen. Die Gruppe organisiert theoretische und praktische Workshops in denen sich die TeilnehmerInnen Fähigkeiten und Wissen über Produktionsprozesse aneignen. Vor allem in den Bereichen Energie, Gesundheit, Kleidung und Lebensmittel, wollen sie so das Niveau an Selbstversorgung und Autonomie im täglichen Leben verbessern.

Ohne dass die diversen griechischen Gruppen explizit auf die herrschende Krise in ihrem Land eingingen, zeigten die Berichte über ihre Aktivitäten doch sehr deutlich, welche zentrale Rolle die Verfügbarkeit von regional angepasstem Saatgut haben kann. Immer mehr Menschen sind gezwungen, sich alternative Versorgungsmöglichkeiten zu suchen. Selbst Gemüse anzupflanzen oder bei der Organisierung von Direktvermarktungsstrukturen zu helfen, kann da schon viel verändern. Wie Christina von der Gruppe Sporos sagte: „Wir müssen selbst was ändern und das Rad der gesellschaftlichen Entwicklung in diese Richtung drehen. Solidarisch sein miteinander, das ist ein gutes Mittel gegen die eigene Frustration.”

Dieser Beitrag ist ein Vorab-Auszug aus einem Artikel, der im Juni im Genethischen Informationsdienst (GID) erscheinen wird.

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