Offenen Brief an Minister Backhaus

In einer unregelmäßig erscheinenden Reihe „Nachrichten vom Lande“ erzähle ich (aks) kleine Geschichten und Erlebnisse vom Land / rund um den Ulenkug. Diesmal ein Offener Brief an den Minister Dr. Till Backhaus, vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern

Stubbendorf, den 19.09.2019
schaf-longo-mai Sehr geehrter Herr Minister Backhaus,
wir haben von der Ökokontrollstelle Bescheid bekommen, dass unsere Tiere kein Recht darauf haben, artgerecht auf der Weide zu stehen und zu fressen. Wie kommt es dazu? Ist nicht ein Grundprinzip für die ökologische Tierhaltung, dass Schafe und Rinder Weidetiere sind und so lange wie möglich ihr Futter selbst auf der Weide suchen sollten?
Unser Bio-Hof liegt am Zipfelchen der Mecklenburgischen Seenplatte – und wir haben dieses Jahr, wie auch im letzten Jahr, andauernd die Regenwolken entweder südlich, oder nordwestlich an uns vorüberziehen sehen. Dementsprechend sind wir eine Ausnahme – und so erwarteten wir, Bezug nehmen zu können auf Ihre versprochenen unkomplizierten Ausnahmeregelungen, womit unsere Tiere das Recht bekommen könnten, auf konventionellen ökologischen Vorrangflächen (früher als „Brache“ bezeichnet), zu weiden. Leider sehen die Kolleg*innen von der Ökokontrollstelle und dem Amt für Landwirtschaft und Umwelt anscheinend lieber ihre (bzw. unsere) Schäfchen auf dem Trockenen, sprich im Stall, mit zugekauftem Heu – und das im September!
Es ist nicht das erste Mal, dass wir feststellen müssen, dass bei den Landwirtschaftsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern wenig Verständnis besteht für kleinflächige Ökobetriebe. Wir müssen genau die gleichen Anforderungen erfüllen wie jeder Großbetrieb – die anfallenden Kosten sind
allerdings auch gleich hoch. Nein, wir wollen keine staatliche Hilfe um zusätzlich Heu zu kaufen, wir wollen lediglich unsere Tiere nicht schon jetzt einstallen. Zusätzliche Grünflächen gäbe es wohl schon für unseren Betrieb, aber die rasant steigenden Bodenpreise sind inzwischen weit entfernt von dem landwirtschaftlichen Nutzwert und wir wollen und können uns nicht an der Bodenspekulation beteiligen. So bleiben wir denn klein und fein, bis wir eines Tages den Mut aufgeben?
Wir haben nicht vor, unseren Tierbestand kurzer Hand zu reduzieren, nicht zuletzt, weil wir Tiere von aussterbende Rassen halten, aber auch, weil es viel Zeit braucht, einen gesunden Tierbestand aufzubauen. Wir müssen selbstverständlich Wege finden, unsere Bewirtschaftung auf den Klimawandel
umzustellen und haben damit begonnen. Ob wir auf 50 Hektaren da sehr viel bewirken, sei dahingestellt, so lange die Agrarwüste mit Beregnungsanlage sich weiter um uns herum ausbreitet.
Geehrter Herr Minister, wir würden uns wünschen, dass der Klimawandel auch in der Agrarbürokratie Einzug findet. Bio sind und bleiben wir aus Überzeugung, aber wir sind so langsam auch davon überzeugt, dass es ohne offizielles Bio-Etikett mensch- und tiergerechter auf unserem Hof zugehen kann.
Mit umweltbewussten Grüßen, für Hof Ulenkrug
Jürgen Holzapfel
Europäische Kooperative Longo mai, Hof Ulenkrug, Stubbendorf 68, 17159 Dargun

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